Gründonnerstag

Was ist am Gründonnerstag geschehen?

Den meisten von Euch werden wohl die Begebenheiten am Gründonnerstag bekannt sein, die von allen vier Evangelisten aufgeführt werden (Lk 22, 1-71, Mt 26,1-74, Mk 14,1-72, Joh 13,1-38 und 18,1-27):
– Die Fußwaschung, das letzte Mahl und der Verrat durch Judas
– Die Nacht der Gefangennahme in Gethsemane
– Das Verhör vor Kaiphas und das Verleugnen des Petrus

Johannes setzt einen großen Block mit Gebeten und Erläuterungen Jesu zwischen das Abendmahl und die Gefangennahme.

Ich möchte ein paar interessante Details herauspicken, die gerne übersehen werden oder gar keine Beachtung gefunden haben.

Der Mann mit dem Wasserkrug

Mk 14,13-16: „Und er sandte zwei seiner Jünger und sprach zu ihnen: Geht hin in die Stadt, und es wird euch ein Mann begegnen, der trägt einen Krug mit Wasser; folgt ihm und wo er hineingeht, da sprecht zu dem Hausherrn: Der Meister lässt dir sagen: Wo ist der Raum, in dem ich das Passalamm essen kann mit meinen Jüngern? Und er wird euch einen großen Saal zeigen, der mit Polstern versehen und vorbereitet ist; dort richtet für uns zu. Und die Jünger gingen hin und kamen in die Stadt und fanden’s, wie er ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Passahlamm.“

Wer waren die Hintermänner des Abendmahls?

Offensichtlich war das Mahl von Jesus oder seinen „Hintermännern“ schon geplant: Der Saal war bestellt. Wer also waren die Hintermänner, bei denen es genügte zu sagen: Der Meister kommt? Die Jünger konnten es nicht sein, denn sie wurden jetzt erst eingeweiht. Wir erhalten einen wertvollen und eindeutigen Hinweis von Markus: Der Mann, der einen Wasserkrug trägt. Männer trugen zur damaligen Zeit im arabischen Raum keinen Wasserkrug, das war traditionell undenkbar – außer bei den Essenern. Die Essener hatten eine ausgeprägte Gleichberechtigung von Mann und Frau. Nur in dieser Gemeinschaft war es möglich, dass ein Mann einen Wasserkrug trug. Somit war er als Erkennungsmerkmal eindeutig. Woher wusste aber Jesus, dass den Jüngern dieser Mann tatsächlich über den Weg laufen würde?

Der Bezug zu den Essenern passt auch gut damit zusammen, dass Jesus als Nazarener bezeichnet wird. Was ein Übersetzungsfehler ist, denn die Stadt Nazareth, nach der Jesus in vielen Bibelübersetzungen benannt wird, gab es noch nicht zu seiner Zeit. Sie entstand erst etwa 300 Jahre später. Jesus kam aus Beth-Shearim, nicht aus Nazareth! Die Nazoräer aber waren besondere Friedensanhänger unter den Essenern. Auf aramäisch, der Muttersprache Jesu, nannten sie sich Nazaröer. So sagt auch eine Magd in der Nacht zum Karfreitag über Petrus: „Der war mit Jesus dem Nazoräer zusammen“ (Mt.26, 71).

Die Fußwaschung an Gründonnerstag

Die Fußwaschung (lat. Mandatum „Auftrag, Gebot“) ist eine rituelle Handlung, die im Orient die Gastfreundschaft symbolisieren soll (etwa im Alten Testament: 1 Mos 18,4). Wer zur Zeit von Jesus zu einem Festmahl eingeladen war, pflegte vorher zu Hause ein Bad zu nehmen. Im Haus des Gastgebers brauchte man sich dann nur noch die Füßen zu waschen, die durch das Gehen in Sandalen wieder staubig geworden waren. Das Waschen der Füße diente aber nicht nur zur Säuberung vom Schmutz. Es brachte dem Gast auch Kühlung und Erfrischung. Daher gehörte die Fußwaschung auch zu den Forderungen der Gastfreundschaft. Der Gastgeber ließ diese Aufgabe in der Regel durch einen Diener erledigen.

An diesem Gründonnerstag war es aber wohl keine übliche Waschung nach jüdischem Brauch, bei welchem ein Knecht oder Sklave dem Hausherrn die Füße wusch. Hier kniete der Herr vor seinen Jüngern, der Schöpfer vor seinen Geschöpfen, um ihnen die Füße zu waschen. Dennoch übernimmt Jesus symbolisch die Rolle des Dieners, indem er sich gürtet, wie es nur ein Knecht getan hätte. Durch diesen Akt bekamen die Apostel Teil an Jesus. In manchen christlichen Kirchen ist die Fusswaschung ein Sakrament, das die Wassertaufe wieder auffrischt ähnlich der Konfirmation in der evangelischen Kirche.

Der Hinweis auf den Verräter

Petrus (wer sonst?) weigert sich jedoch und „Jesus erwiderte ihm: Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir. Da sagte Simon Petrus zu ihm: Herr, dann nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt. Jesus sagte zu ihm: Wer vom Bad kommt, ist ganz rein und braucht sich nur noch die Füße zu waschen. Auch ihr seid rein, aber nicht alle. …”
Das Bild vom »Bad«, durch das die Jünger »rein« geworden sind, sagt, dass sie durch den Umgang mit Jesus in der Zeit seines Wirkens und durch das Hören auf sein Wort (vgl. Johannes 15,3) vorbereitet sind für die Begegnung mit dem Vater, den Jesus ihnen in seiner Verkündigung gezeigt hat.

Bei Johannes beendet Jesus seinen Satz „Auch ihr seid rein …“ mit „… aber nicht alle.“
Und schreibt weiter: „Denn er kannte den, der ihn überliefern würde; darum sagte er: Ihr seid nicht alle rein.“ Mit dieser Interpretation verbindet Johannes in einem Satz das besondere Ritual dieser Fußwaschung mit einem ganz anderen spannungsreichen Aspekt des Geschehens:

Ein paar Fragen zu Judas Ischariot

Nach seiner Berufung durch Jesus als Apostel (= zur Verkündigung Gesandter), nach vielen Jahren der Nachfolge Christi und des treuen Dienens in der Vertrauenposition des Schatzmeisters der Zwölf erhält Judas Ischariot innerhalb von weniger als 24 Stunden die Rolle, in der ihn jedermann kennt, der ihn kennt: Die des Verräters des Herrn.

Ich möchte zu Judas Ischariot einfach ein paar Fragen stellen, ohne meine Antworten dazu anzufügen:

  • Wozu war ein Verrat Jesu überhaupt notwendig? Die Hohepriester wussten doch immer, wo ihr Erzfeind sich aufhielt: „Tag für Tag saß ich im Tempel und lehrte und ihr habt mich nicht verhaftet.“ (Mt 26,55) sagt Jesus in Gethsemane zu den Priestern und Ältesten.
  • Würdest du als Kassier eines Vereins von 14 Personen (Magdalena mitgerechnet) lieber mit der Vereinskasse durchbrennen oder lieber den Sohn Gottes für 30 Silberlinge dem Verderben preisgeben? 30 Silberlinge entsprachen dabei in etwa dem Monatslohn eines Arbeiters im Weinberg.
  • Weder bei Markus noch bei Lukas wird sein Namen beim Abendmahl am Gründonnerstag genannt, bei Matthäus fragt Judas selbst: „Herr, bin ichs?“ und nur Johannes beschreibt in 13,26 die Einzelheiten, die wir kennen.

War der Verrat an Gründonnerstag abgekartet?

  • Jesus selbst fordert Judas auf: „Was du tust, tu es bald.“ Was Judas auch sofort umsetzt. Warum versucht Jesus nicht, ihn umzustimmen? Warum will er Judas nicht vom angeblich falschen Weg abbringen?
  • Jesus ist nicht traurig, entsetzt oder empört über den Kuss, mit dem Judas ihn im Garten Gethsemane verrät. Er wehrt sich auch nicht dagegen. Er erwähnt im Gegenteil mehrmals, dass die Schrift sich erfüllen müsse. Gab es also einen Plan, der aufgehen musste, um das Werk zu vollenden? Und gehörte dazu auch der „Verrat“?
  • In Joh 13,19 kündigt Jesus sogar an: „Von jetzt an sage ich es euch, ehe es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, glaubt, dass ich es bin“. Klingt das nicht nach einem vorgeplanten Szenario?
  • Judas führt die Tempelwache des Sanhedrin (nicht die römischen Soldaten!) in den Garten Gethsemane, um ihn auszuliefern. Woher wusste er, wo sich die am Gründonnerstag Gruppe aufhält? Er hat sie im Haus des Abendmahls verlassen und musste sie noch dort vermuten. Stattdessen findet er die Zwölfe draußen vor Stadt in unübersichtlichem Gelände, einem Olivenhain. War der Treffpunkt abgesprochen?

Ich kann und will keine eindeutige Position zu Judas beziehen. Dennoch stützen diese Ungereimtheiten meine Vermutung, die ich im ersten Newsletter dieser Reihe geäußert habe: Jesus spielt die Hauptrolle im Mysterienspiel des Mithraskultes, das von Palmsamstag bis Ostersonntag dauert und dessen Stationen wir uns ja in dieser Reihe ansehen.

Damit wäre aber auch der Verrat am Gründonnerstag eine „abgekartete“ Sache im Sinne des Symbolgehalts der Ereignisse und würde Judas als Schauspieler agieren lassen, unabhängig davon, ob er sich dessen bewusst war oder nicht. So uneinig, wie sich die Evangelisten bei der Beschreibung der Aufdeckung des Verrats im Laufe des Abendmahls waren, so uneinig sind sie sich auch über das Verhalten des Judas nach der Gefangennahme und über sein Ende. Das erscheint mir seltsam bei einem so wichtigen Punkt in der Heilslehre.

Nach der Gefangennahme in Gethsemane

Jesus wird also zu Kaiphas, dem Hohenpriester zum Verhör geführt. Man versucht ihn mit falschen Zeugen der Gotteslästerung zu belasten. Schließlich findet man einen fadenscheinigen Grund, ihn des Todes schuldig zu sprechen. Offensichtlich aber wagten sie nicht, das Urteil auszusprechen, sonst wäre Jesus am Karfreitag nach jüdischem Brauch gesteinigt worden. Er wurde aber nach römischer Manier an ein Holzkreuz genagelt. Der Hohe Rat wollte also der römischen Besatzungsmacht die Drecksarbeit überlassen, ihren Gegner aus dem Weg zu schaffen. So kam es, dass Jesus am Karfreitag morgen vor Pilatus geführt wurde. Doch das ist ein anderes Thema.

Zum Abschluss dieser schweren Kost eine nette und aufheiternde Legende zum Gründonnerstag:

Die Herrgottsbscheißerle

Auf der Internetseite des Klosters Maulbronn bei Pforzheim finden wir folgende Geschichte, die sich vor langer Zeit – als es noch keine Kühlschränke gab -, dort ereignete:
„Es war gegen Ende der Fastenzeit, als der Laienbruder Jakob auf dem Heimweg vom Reisigsammeln unverhofft in den Besitz eines schönen Stücks Fleisch gelangte: Ein flüchtender Dieb hatte seinen Sack mit Beute fallen lassen, Jakob direkt vor die Füße. Zurück im Kloster entdeckte er den schmackhaften Inhalt.“

Nun allerdings hatte Jakob ein Problem: Es war erst Gründonnerstag, das Fleisch war wohl auch nicht am gleichen Tag geschlachtet und es war unmöglich, es – wie gesagt ohne Kühlschrank – bis nach der hohen Messe am Ostersonntag genießbar zu halten. Es gleich zu verzehren, kam in der Fastenzeit und darüber hinaus in der Karwoche schon gar nicht in Frage. Das schöne Stück Fleisch aber wegzuwerfen, wäre eine eben solche Sünde gewesen. Guter Rat war teuer und bereitete Jakob und dem Koch des Klosters einiges Kopfzerbrechen. Vielleicht war es der Versucher oder aber ein schmunzelnder lieber göttlicher Vater, der den verzweifelten Mönchen zu einer genialen Inspiration verhalf:

Der Koch bereitete einen feinen Teig in Form kleiner Taschen zu, die er dann in einer harmlosen Gemüsesuppe kochen würde. In jede der kleinen Taschen gab er ein Stück der unfreiwilligen Spende, so dass Gott vielleicht nicht sofort erkennen würde, warum den frommen Brüdern am Gründonnerstag die Teigtaschen in Gemüsebrühe so außergewöhnlich gut schmeckten. Er nannte das neue Gericht nach seinem Kloster Maulbronn „Maultaschen“.
Irgendwie scheint aber die Täuschung dann doch ans Licht gekommen zu sein, denn eines Tages begann das Volk die Rezeptur mit wechselnden Füllungen zu übernehmen und die Maultaschen liebevoll „Herrgotts-Bscheißerle“ zu nennen.

Und hier noch die Links zu den heute vorkommenden Blauen Hütern:

Ein Gebäude schützen – Petrus                 
Himmlischer Schutz – Johannes             
Licht ins Dunkel – Taddäus                         
Energievampire – Simon                            

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